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Wolf Peter Schnetz

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TANZSTUNDE

Tanzstunde
Die schönste Liebesgeschichte der Goldenen Fünfziger. Regensburg: Mittelbayerische Druck- und Verlags-Gesellschaft 1999.
ISBN 3-931904-63-6

 


An den Anlaß kann ich mich nicht mehr erinnern. Jetzt war ich es, dem sich die Gelegenheit bot, zu drohen:
„Ich bringe mich um."
Wie sagt man so einen Satz? Wie spricht man ihn aus? Beiläufig oder entschieden? Schon der Unterschied „ich bringe mich um" statt „ich bring' mich um" ließ die Worte künstlich erscheinen, wie von einem Schauspieler zitiert, unglaubwürdig. Ich ertappte mich bei der Fragwürdigkeit meiner Ankündigung. Die Drohung war nur ein Spiel, ein Machtspiel zur Erpressung des anderen.
Bühnenreif ließ ich mich aus dem Boot fallen und ein Stück abtreiben im Wasser. Dann tauchte ich unter. Ulla reagierte nicht, glaubte ich noch zu bemerken, sie war nicht einmal neugierig. Lang konnte ich den Atem anhalten. Ich versuchte, mir vorzustellen, wie mich der Todeskampf erstickte, erinnerte mich, wie ich einmal als Kind ins Wasser gefallen war. Entsetzen befiel mich. Fast wäre ich als Kind ertrunken. Im Luttensee bei Mittenwald. Wachsende Spiralen hatten sich um mich gelegt. Rotgrün und grell. Schreiend schrill. Erstickende Welt. Durch Zufall hatte mich ein Schwimmer bemerkt und gerettet. Ich kämpfte mit mir: Sollte ich es darauf ankommen lassen und ertrinken? Noch zögerte ich, dann wollte ich nur noch leben. Prustend schnellte ich aus der Tiefe, die mich zwei oder drei Minuten gefangengehalten hatte, blickte mich um und fand mich mit mir allein. Ulla saß ungerührt im abgedrifteten Boot. Sie hatte gewartet, bis ich wieder auftauchen würde Sie hatte in aller Ruhe dagesessen und in die Wolken geguckt. Einfach so.
Was hättest du gemacht, wenn ich untergegangen wäre?"
“Nichts.” Nach einer Weile:
“Du wärst nicht untergegangen. Du nicht. Du bringst es nicht fertig.“

© Pegasus Redaktion - Rea Revekka Poulharidou 2004